Making Of: Präparationstechnik und Fotografie

Filzläuse als Geräteturner? Motiv der Ausgabe 2002.

Die Bilder aus den LifeSciences Kalendern 2002 bis 2025 stammen von den Wissenschaftsfotografen Oliver Meckes und Nicole Ottawa, bzw. Martin Oeggerli (Ausgaben 2014 und 2015). Alle unsere Bildautoren haben sich auf die ästhetische Darstellung wissenschaftli-cher Sachverhalte, mit Schwerpunkt Mikroskopie, spezialisiert.
Im Jahre 1994 gründeten Oliver Meckes und Nicole Ottawa die Agentur »eye of science«, Martin Oeggerli navigiert seit 2008 als »Micronaut« durch den Mikrokosmos. Die wichtigsten Arbeitsgeräte aller drei sind das Raster-Elektronen- Mikroskop und leistungsfähige Computer. Bei eye of science, deren Präparationstechnik wir im folgenden beschreiben wollen, werden fast alle Präparate im eigenen REM-Labor gefertigt und fotografiert.

Nun ein Beispiel für die Entstehung solcher Aufnahmen:

Das Beispiel Filzläuse

Filzläuse sind in Deutschland beinahe ausgerottet. Die Deutschen sind einfach zu reinlich. Mit Frischmaterial aus der Heimat ist also nicht zu rechnen.
Also haben Oliver Meckes und Nicole Ottawa im tropenmedizinischen Institut in Tübingen angefragt. Dort gab es tatsächlich einige Exemplare, konserviert in 70% Alkohol, Ursprungsland Afrika. Natürlich schön sauber, ohne Haare.
Um im REM (Raster-Elektronen-Mikroskop) betrachtet zu werden, waren noch einige Vorbereitungen nötig. Die Filzläuse wurden fixiert und Schritt für Schritt in Alkohol (Ethanol) überführt (aufsteigende Reihe von 70, 80, 90, 95, 99, 100%). Das dauerte im Falle Filzlaus 1 Tag. Dann kam das Präparat in eine Druckkammer, wo bei 50 bar unter langsamer Erwärmung auf 40 °C der Alkohol gegen flüssiges Kohlendioxyd ersetzt wurde. Schließlich wurde die Probe im Vakuum mit Gold beschichtet.
Nur mit diesem komplizierten Verfahren ist gewährleistet, dass das Objekt beim Trocknen nicht schrumpft und sich verformt, bzw. Zellen kollabieren. Denn für die spätere Untersuchung im Vakuum des REM muss das Objekt wasserfrei und elektrisch leitfähig sein.
Nun lagen zwar vergoldete Filzläuse vor, doch lebensecht sehen sie nur aus, wenn sie sich in ihrem Millieu befinden. Also wurden die Tierchen in eine feuchte Kammer gepackt, um die Gelenke etwas beweglich zu machen. Währenddessen hat sich Oliver ein paar Haare abgeschnitten und mit schärfster Schere angespitzt! Die Filzläuse sollten mit ihren, wie Karabinerhaken geformten Beinen wie im richtigen Leben an den Haaren hängen! Mit einer weichen Spezialpinzette die Filzlaus in der einen, mit einer harten Pinzette das Haar in der anderen Hand ging dann eine halbstündige Fädelei bei 40facher Vergrößerung unter dem Stereomikroskop los. Haar in das Filzlaus- Bein einfädeln. Die Laus ist 2mm, ihr Bein gerade mal noch 0,3mm lang! Nachdem dies geglückt war, mussten die einzelnen Haare mit ihrer Fracht "nur noch" mit Hilfe elektrisch leitfähigem Klebstoff auf einen Probenhalter gebracht werden. Nach einer weiteren Goldsputterung ging es ab ins REM.

Und wie kam die Farbe ins Bild?

So ein REM, ein Raster-Elektronen-Mikroskop "sieht" nicht mit Licht, sondern mit Elektronen. Wo kein Licht ist, können auch keine Farben sein. Das elektronen-optische Bild kann nur die Topografie, nicht die Farbe eines Objekts, die sich durch Lichtwellenlängen definiert, wiedergeben. Diesen Nachteil machte eye of science mit Hilfe der digitalen Bildbearbeitung wieder wett. Nicole Ottawa war mit viel Geduld damit beschäftigt, den fotografierten Gegenständen pixelgenau die Farbe des Lebens zurückzugeben (zum Zeitpunkt der Aufnahme war ja alles vergoldet). Da heißt es dann Haar für Haar das Objekt vom Hintergrund zu trennen, den Augen einer Drosophila ihren Glanz zurückzugeben, oder die Bakterien im Zahnbelag oder auf einer Dünndarmoberfläche sauber herauszuarbeiten.
So konnten bei der Kolorierung eines Bildes schon mal 2 Tage vergehen.